Lena Meyer-Landrut: „Loyal to Myself“


Lange her, aber man erinnert sich noch, als wär‘s gestern gewesen. Wie man vor gut 14 Jahren im den euphorischen Moderator von BFBS im Autoradio auf englisch prophezeien hörte, nun spiele er den Song, der den Eurovision Song Contest 2010 gewinnen würde. Und dann hörte man zum ersten Mal „Satellite“, dieses munterste Stück ESC-Pop seit Abbas „Waterloo“ und man dachte. Ja, das könnte so passieren. Und es passierte. Und die 19-jährige Siegerin Lena Meyer-Landrut aus Hannover wurde ein Popstar.

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Das sechste Album kommt nach einer gefährlich langen Pause

Jetzt liegt ihr sechstes Album vor, das erste seit fünf Jahren. Eine für den Erfolg gefährlich lange Pause nach „Only Love, L.“, aber trotz der langen Stille hat Lena stolze fünf Millionen Follower bei Instagram, ist immer noch einer der „Namen“ im deutschen Pop. „Loyal to Yourself“ heißt die neue Platte. Und die Songs überraschen, denn statt des erwarteten Lena-typischen, geschliffenen Chartspops hört man vornehmlich charmanten (Indie-)pop mit Folkflair, mal zart, mal mit hymnischem Abgang.

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Akustikgitarren regieren, das Piano murmelt Melancholie, es finden sich Streicher und die Beats – etwa in den Songs „Good Again“ und „Right Reasons“ – sind dezent. Mal rappt Lena („Mean Girls“), mal walzert sie („Unbreakable“), aber selbst ein Dancetrack wie „Drug Worth Doing“ passt ins Gesamtbild. Die neuen Lieder umarmen ihren Hörer statt ihn zu befunkeln und zu beglitzern. Der Sound erinnert an Taylor Swifts Pandemiealben „Folklore“ und „Evermore“ (beide 2020) plus ein wenig Electronica à la Swifts „Midnights“ (2022).

2017 verkündete Lena das „end of chapter one“

Die Reißleine hatte Lena im Grunde schon im Dezember 2017 gezogen – Tour gecancelt, fünftes Album „Gemini“ verworfen. Beim einzigen Konzert im hannoverschen Capitol verkündete sie damals zum Schrecken ihrer Fans das „end of chapter one“, eine Pause von unbestimmter Länge. Eine Künstlerin, der wohl das Unheil schwante, sich unter den Anforderungen des Popbiz zu wiederholen, abzunutzen, sich selbst aus den Augen zu verlieren. Das Album „Only Love, L.“ war 2019 ein Lebenszeichen. „Loyal to Yourself“ nun aber ist nicht einfach eine weitere Liederkollektion sondern eine Platte aus einem Guss – in Wort und Klang. Nicht nur ein „gutes Album für Lena“ sondern ein „gutes Album“. Punkt.

Ein Album in eigener Sache, eins, auf dem sich die Sängerin, die ihr Privatleben sonst weitgehend für sich behält, den Leuten in Liedern erzählt und erklärt. „Ich verließ mich selbst, um geliebt zu werden“, singt Lena im Titelsong. „Aber ich erkannte, dass ich genug bin. / Selbst wenn es keine Nummer Eins ist / bin ich zumindest dort, wo ich hingehöre.“

Damals, vor fünf Jahren, sei sie „komplett im Rage-Mode“ gewesen, immer wieder war von Depressionen die Rede, sie galt als zickig und schnippisch. So ist „Loyal to Yourself“ das Dokument einer „unglaublich langen Reise“. „Goodbye zu den Zweifeln – ich hasse sie / zu den Ängsten und Erwartungen – ich habe einen Weg gefunden, sie zu ersetzen“, heißt es in dem Lied. „Und ich werde niemals wieder zurückgehen / ich bin mir selbst treu.“ Selbstbefreiung durch sehr persönliche Songs – wie das auf ganz ähnliche Weise ja auch US-Kolleginnen wie Swift, Billie Eilish oder Olivia Rodrigo tun.

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Lieder über die erste Liebe, die Tage von Oslo, die wichtigen Menschen

Lena verfolgt sich zurück bis zur ersten Liebe („First Love“), zurück bis nach Oslo 2010, ESC-Zeit („See You Later“) und man fragt sich, wer der Mensch ist, der sie „von der Klippe geschubst“ hat, mit dem sie „verbunden“ ist, den „ich für immer mit mir trage“? Es geht um falsche Freundinnen („Mean Girls“) und um die Menschen, die ihr Leben heute stabil machen („Right Reasons“, „Brown Blue Eyes“). Entstanden ist das Album in Berlin und Los Angeles, geholfen haben Jazzpianist Michael Geldreich, Songwriter Nico Rebscher und die US-Sängerin Sophie Simmons, die Tochter von Kiss-Bassist Gene Simmons.

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Den Rahmen bilden die kurzen, gebethaften A-cappella-Stücke „Let Me Dream“ zu Beginn und – auf deutsch – „Lass mich träumen“ zum Ende. Lena eröffnet mit der Aufforderung an ihre Hörer, ihr durch ihre Gedankenwelt zu folgen und schließt mit einem Wiegenlied an ihr Kind, doch dem Träumen zu vertrauen. Das Cover zeigt dreimal eine Lena mit geschlossenen Augen. Jede und jeder ist viele und es ist gut, wenn man versöhnt mit sich ist.

Ein swingender Bonustrack fürs Unverstelltsein

„Strip“ ist der einzig schöne der vier bereits zwischen 2021 und 2023 als Singles veröffentlichten, (leider deutlich aufgebrezelteren) Bonustracks. Klingt ein bisschen nach „Satellite“ und ein bisschen nach Motown-R‘n‘B und man erwartet jeden Moment den „Jitterbug!“-Ruf aus Whams „Wake Me up, before You Go-Go“. Ein partytaugliches Plädoyer für fallende Masken, Unverstelltsein, Wurstigkeit. „Get happy“, singt Uns Lena. So einfach.

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Sie will nicht mehr um jeden Preis gefallen, sondern nur noch ihr Ding machen. Egal, wer folgt: „Wenn ich nicht in deine Schubladen passe“, singt sie, „kannst du mich von deiner Liste streichen.“

Lena – „Loyal to Myself“ (Polydor), erscheint am 31. Mai



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