Deep-Purple-Gitarrist Simon McBride im Interview: „Musik ist eine Droge“


„Es heißt, es sei ein Leichtes, Musik zu erschaffen“, sagt Simon McBride im Video­interview aus Düsseldorf. „Der schwere Gang ist es, dann herauszufinden, wie die Leute darauf reagieren.“ Als der 45-jährige Gitarrist und Sänger aus Belfast seinen Gesprächs­partner darum bittet, ihm diesbezüglich die Daumen zu drücken, sind die Koffer schon gepackt, das Equipment verladen. McBrides neue Band soll zwei Tage später auf Tour gehen. Start ist in Madrid.

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Simon McBride glaubt, es gehe nur um ein paar Liveauftritte

Seine neue Band ist eigentlich eine alte Band, gegründet 1968. McBride ist der neue Gitarrist bei Deep Purple, einer der großen klassischen Hardrock­gruppen. Als Steve Morse sich vor zwei Jahren ausklinken musste, um sich um seine schwer erkrankte Frau kümmern zu können, rief man McBride an. „Anfangs wurde ich gebeten, eine Weile für Steve einzuspringen“, erinnert er sich. „Ich dachte mir: Das ist Deep Purple! Wow! Das wird eine Menge Spaß machen.“

Als er zu Frau und Kindern zurückkehrte, war der Job für ihn aber auch schon wieder beendet: „Das war’s. Ich glaubte, ich würde nie wieder mit ihnen auf der Bühne stehen.“ Das änderte sich, als Steve Morse keine festen Verpflichtungen mehr eingehen konnte. „Sie fragten mich höflich, ob ich an etwas Festem interessiert sei. Und ich so: Seid ihr verrückt? Natürlich bin ich das.“

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Die Geschichte McBrides mit Deep Purple reicht dabei im Grunde schon zehn Jahre zurück. Damals hatte ihn Keyboarder Don Airey für sein alle zwei Jahre in Cambridgeshire stattfindendes Wohltätigkeits­festival engagiert. Und McBride beeindruckte ihn durch sein virtuoses Gitarrenspiel. „Wenn du eine Rarität wie Simon findest“, so Deep-Purple-Schlagzeuger und Gründungs­mitglied Ian Paice, „verlier bloß nicht seine Telefon­nummer“.

„Ich war mit der Don Airey Band auf Tour, dann auch mit Ian Gillan“, so McBride. Man kannte sich. Deshalb sei es einfach gewesen, anzudocken. Die Heraus­forderung war groß und reizvoll. „Sie sind alle erstklassige Musiker. Was heißt, dass du auf deinem Feld auch heraus­ragend sein musst.“

McBride gewann als 15-Jähriger einen bedeutenden Gitarren­wettbewerb

McBride ist heraus­ragend, wenn auch bislang noch kein großer Name im Biz. Schon mit 15 Jahren gewann er den Wettbewerb „Young Guitarist of the Year“ des britischen Fachmagazins „Guitarist“. Kaum war er 16, trat er der Comeback­besetzung der nordirischen New-Wave-of-British-Heavy-Metal-Band Sweet Savage bei. Er war danach sechs Jahre lang Gitarrist des britischen Soulsängers Andrew Strong („The Commitments“). 2008 begann er dann eine Solokarriere, wurde von der Kritik mit Rory Gallagher und Gary Moore verglichen – indes mit überschaubarem Erfolg.

Ich liebe es, zurück in die 70er-Jahre zu gehen, denn weil ich erst 1979 geboren bin, habe ich das ganze tolle Zeug damals verpasst.

Simon McBride

über den Sound des neuen Deep-Purple-Albums „=1“

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Und jetzt steht sein Name als ebenbürtiger Songwriter auf dem neuen Deep-Purple-Album „=1“ („ergibt 1“), das heute erscheint. Deep Purple klingen darauf so frisch und deeppurplig wie seit „The Battle Rages on“ (1993) nicht mehr – ihrem letzten Album mit Urgitarrist Ritchie Blackmore. Die Dynamik aus McBrides Gitarren- und Aireys Keyboardsoli erinnert gar an die Zeit, als Deep Purple mit Alben wie „In Rock“ (1970) und „Machine Head“ (1972) neben Led Zeppelin und Black Sabbath die Liga der harten Rocker anführten.

Und McBrides Riffs für Songs wie „Portable Door“, „Pictures of You“ oder „Lazy Sod“ verstärken diesen Eindruck. Gute Gitarrenriffs machen Songs markant, einprägsam, auch aggressiver.

„Ich liebe es, zurück in die 70er-Jahre zu gehen“, sagt McBride, „denn weil ich erst 1979 geboren bin, habe ich das ganze tolle Zeug damals verpasst.“ Einen Plan, an die Pionierzeiten der Band anzuknüpfen, habe es aber nicht gegeben. „Es waren fünf Jungs im selben Raum mit ihren verschiedenen Einflüssen. Ich habe einen Hardrock­hintergrund, habe immer solche gitarren­getriebenen Songs gemacht.“

Das Angebot von Deep Purple kam dem Soloalbum „The Fighter“ in die Quere

Unglaublich sei die Energie bei der ersten Songwriter­session Ende 2022 in Hamburg gewesen. „Wir haben gespielt, gejammt, improvisiert, alles Mögliche ausprobiert. Ganz ehrlich – das meiste vom Album stammt aus diesen ersten zwei Wochen.“ Blockaden gab es nie. „Ich habe immer eine Million Ideen in meinem Kopf“, sagt McBride.

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Sein bislang bestes Soloalbum „The Fighter“ (2022) erschien kurz vor dem Beitritts­angebot und McBride ist nie damit auf Tour gegangen. „Wegen dieser lästigen Band Deep Purple“, lacht er. „Sie sind eine der Rockikonen und werden es immer sein. Da sage ich nur: Wenn die Gelegenheit anklopft, geh gottverdammt noch mal an die Tür.“ Kein Bedauern ist zu spüren, dass sein „Fighter“ verloren ging.

Der Altersunterschied von 30 bis 33 Jahren zu den anderen „Jungs“ spielt für ihn keine Rolle, auch nicht, dass weit mehr hinter als vor der Band liegt. „Musik ist eine Droge, macht süchtig, sie können nicht aufhören“, sagt McBride. Irgendwie sei er auch schon immer „the kid“ gewesen. „Das ist die Geschichte meines Lebens.“ Wie lange oder kurz es auch immer dauern werde – „ich werde als Musiker davon profitieren“.

Das Solo von „Highway Star“ spielt McBride notengetreu in der Blackmore-Version

So spielt er jetzt auch Klassiker wie „Smoke on the Water“ und „Highway Star“. Gibt es Möglichkeiten, solche Übersongs zu prägen? Er spiele das Solo in „Highway Star“ exakt wie Ritchie Blackmore, sagt er. „Und wenn 65.000 Fans bei ‚Monsters of Rock‘ in Südamerika dieses Solo mitsingen, bist du froh, wenn du es gut einstudiert hast.“

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Einen Segen von Blackmore hat er nicht bekommen. „Ich glaube, so etwas macht Ritchie nicht.“ Auch von Steve Morse gab es keinen. „Ich brauche keinen Segen. Alles okay so.“

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Dafür hat er den seines Vaters, über dessen Platten­sammlung er Deep Purple als Teenager kennenlernte. „Das war immer eine seiner Bands. Er konnte es nicht fassen, dass ich dabei war. Er war geschockt und freute sich zugleich.“ Auf Konzerten war er auch schon. Und wie findet Dad das erste Deep-Purple-Album mit seinem Sohn? „Er liebt es. Und wenn dein Vater es liebt, muss es gut sein.“

aktuelles Album: Deep Purple „=1“ (earMusic)

Deep Purple live in Deutschland auf „1 More Time Tour“ (Support Jefferson Starship): 19. Oktober, Berlin – Max-Schmeling-Halle; 20. Oktober, Erfurt – Messehalle; 22. Oktober – Mannheim, SAP-Arena; 23. Oktober, München – Olympiahalle; 25. Oktober, Essen – Grugahalle; 26. Oktober, Lingen – Emsland-Arena.



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