„L’amour toujours“: DJ‑Verband kritisiert Verbote


Der Skandal auf Sylt sorgt für Empörung: Auf einer Party singen mehrere Menschen ausländerfeindliche Parolen zu Gigi D’Agostinos Partyhit „L’amour toujours“. Mehrere Veranstalter von Großevents in Deutschland reagieren und verbieten den Song. So darf das Lied in diesem Jahr nicht auf dem Münchner Oktoberfest und der Cannstatter Wasen in Stuttgart gespielt werden, entschieden die Verantwortlichen. Auch in der Stuttgarter Fanzone zur Fußball-Europameisterschaft soll der Hit nicht zu hören sein.

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Dirk Wöhler, Präsident vom Berufsverband Discjockey (BVD), zeigt sich damit nicht einverstanden. „Das ist katastrophal. Wo sind wir denn, Lieder zu zensieren?“, sagte er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) am Dienstag. Er verurteilt die Umdichtungen mit den rechtsextremen Textzeilen „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ auf das Schärfste. „Ausländerfeindlichkeit, Links- und Rechtsextremismus haben auf Partys nichts zu suchen. Gigi D’Agostino hat einen Song gemacht, bei dem es um Liebe geht. Es gehört sich einfach nicht – auch nicht im Alkoholrausch – Derartiges zu singen“, betont der BVD-Chef.

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Ein in den sozialen Netzwerken kursierendes Video ist auf große Empörung gestoßen.

Wöhler kritisiert Verbote: Geben Rechtsextremen klein bei

Für Wöhler seien die Verbote von „L’amour toujours“ auf den Großveranstaltungen keine Schutzmaßnahme. Im Gegenteil: „Den Song zu verbieten, bedeutet, den Rechtsextremen klein beizugeben“, erklärt er. „Gerade jetzt sollte der Song gespielt werden, um zu zeigen, dass wir multikulti sind.“

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Wöhler fordert die Mitglieder des Verbandes dazu auf, den Song weiterzuspielen. Sollte es jedoch zu rechtsextremen Rufen kommen, „muss man sich mit breiter Brust dagegenstellen“. Die Mitglieder seien entsprechend ausgebildet und gebrieft, auf solche Vorfälle angemessen zu reagieren.

Mit Blick auf die Fußball-Europameisterschaft in Deutschland, die am 14. Juni startet, wünscht sich der BVD-Vorsitzende, „dass der Song umgetextet wird und aussagt, dass Deutschland weltoffen ist und wir die EM feiern. Vielleicht wird er ja ein Sommerhit.“

Oktoberfest-Chef: Kein Platz für „rechten Scheißdreck“

Die Veranstalter des Münchner Oktoberfests erklärten am Montag, das Lied „L’amour toujours“ vorsichtshalber nicht zu spielen. „Wir wollen es verbieten, und ich werde es verbieten“, sagte Oktoberfest-Chef Clemens Baumgärtner der Deutschen Presse-Agentur deutlich. „Auf der Wiesn ist für den ganzen rechten Scheißdreck kein Platz.“ Das Lied an sich sei zwar nicht rechtsradikal, aber es habe eine „ganz klare rechtsradikale Konnotation“ bekommen.

Ein kurzes Video von der Pfingstparty in einem Lokal auf Sylt hatte vor wenigen Tagen bundesweit Empörung ausgelöst, weil Gäste zur Melodie des Partyhits „L’amour toujours“ von Gigi D’Agostino „Ausländer raus“ und „Deutschland den Deutschen“ sangen. Seitdem kommen immer mehr Fälle ans Tageslicht.

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Die Jagd nach den Protagonisten des Videos begann und endete für manche schnell, die Namen waren gefunden.

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„L’amour toujours“ spielen? DJs sind sich nicht einig

Der DJ Aiello (43) aus Hannover möchte den Partyhit nicht mehr auflegen. „Ich würde den Song jetzt nicht mehr spielen“, sagte er der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ (HAZ). Er wolle nicht dazu beitragen, „dass der gesamte Sachverhalt weiter befeuert wird“. Musikalisch gesehen findet er es „schade“. „Es ist ein cooler Callback-Song, der in diese Zeit zurückbeamt.“ Auf Feiern wie Firmenveranstaltungen hat „L’amour toujours“ als Klassiker verlässlich funktioniert, aber: „Ihn jetzt weiter zu spielen bringt niemandem etwas.“ Aiello hat in den vergangenen Tagen verfolgt, wie seine DJ‑Kolleginnen und ‑Kollegen damit umgehen, und für sich beschlossen: „Ich lege den Song nicht mehr auf. Das Ganze ist nun so aufgebauscht, dass ich die Nummer nicht mehr ruhigen Gewissens spielen kann.“

Ein weiterer DJ aus Hannover, Oliver Bensmann (51), bekannt als DJ Revil O, hat eine andere Meinung. „Das Lied hat doch einen völlig anderen Hintergrund. Es nicht mehr zu spielen wäre falsch“, erklärte er der „HAZ“. Inhaltlich müssten die Vorfälle unbedingt diskutiert werden: „Aber was hat das Lied damit zu tun?“

Tobias Metje (DJ Tobi) aus Drakenburg (Niedersachsen) sagte der Zeitung „Die Harke“: „Ich spiele das Lied fast meine gesamte DJ‑Karriere seit 1999 auf jeder Feier. Es ist ein Lied, das Jung und Alt immer verbunden hat. Ich finde, es ist eine Schweinerei, dass der Song ‚L’Amour toujours’ – übersetzt: ‚Liebe für immer‘ – für rechte Parolen instrumentalisiert wird.“ Jedoch möchte er den Song nun nicht mehr spielen. „Aufgrund der aktuellen Situation werde ich zum Beispiel beim Public Viewing auf den Song verzichten, obwohl es mir für die Leute leidtut, die den Song als das feiern, was er ursprünglich war: ein einfacher, eingängiger Partysong ohne jegliches rechtes Gedankengut.“

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Sein Kollege DJ Toddy (Thorsten Siemer) aus Bremen sagte der „Harke“, dass aus einem „Dumme-Jungen-Streich“ bei Instagram sich kurzfristig der abstoßende Trend entwickelt habe. „Deshalb haben wir DJs, die bei Großveranstaltungen auflegen, den Song eine Zeit lang nicht gespielt.“ Das Thema hätte sich allerdings schnell erledigt gehabt, und der Song sei wieder auf den Playlists gelandet. „Wenn es dann vereinzelt noch mal zu solchen Chören gekommen ist, habe ich den Song sofort abgebrochen“, erklärte der DJ.



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